2015-08 S Västernorrland Östersund Jämtland

Einen kleinen Abstecher gen Norden möchte ich noch unternehmen. Örnsköldsvik hört sich schön an und soll der Wendepunkt der Sommerreise sein. In 18 Tagen habe ich eine Fähre gebucht und der Weg bis Trelleborg ist weit.

Gegen Mittag erreiche ich die Stadt immer entlang ausgedehnter Industriegebiete, bunter nach Hundertwasser-Manier gestylter Hochhäuser und einem gigantischen Outlet Store einer schwedischen Klamottenmarke. Im Mini Hafen halte ich. Ein Schild heißt mich „Welcome„ und weist mich dennoch auf einen zu zahlenden Eintrittspreis i.H.v. 26,50 EUR hin, um in den Genuss des oben Beschriebenen zu kommen. Sicherheitshalber blättere ich kurz bei Wikipedia, ob ich auch nicht ein Highlight übersehen habe, nein:

Zitat Wikipedia 2015: Sehenswürdigkeiten 50 Kilometer nordwestlich der Stadt befindet sich das Naturschutzgebiet Vändåtberget.

Es gibt also in der Stadt nichts, aber auch gar nichts, was es anzusehen würdig ist. So wird der nördliche Schlenker, ein Wendepunkt, ohne ihn entsprechend zu achten. Von diesem Punkt an geht es in den nächsten Monaten 4000 - 5000 Kilometer nur noch südwärts, immer der Sonne entgegen.


Bald finde ich keine Steigerungsformen mehr, denn am Nachmittag erreiche ich einen noch trostloseren Ort. Selbst die zahlreich umher schwirrenden Bremsen dösen nur untätig herum, statt sich an meinem Blut gütlich zu tun. An sich ist Helgum schön gelegen, am Fluss Faxälven, eingebettet in endlose leuchtend grüne Wälder. Ein mehrsitziges Ausflugsboot dümpelt einsam und nur mit seinem Skipper beladen am Bootsteg vor sich hin. Der Ort wird von einer brüchigen Asphaltstraße und einer ebenso traurigen Schotterpiste gequert. Am Bahnhof der mehrgleisigen Überlandtrasse hat schon lange kein Zug mehr gehalten. Das Ortszentrum musste ich lange suchen und tatsächlich, die verwaschene Reklame hat es verraten. Viele leerstehende Häuser säumen den Weg.

Aus längst vergangenen Zeiten gibt es einen Rastplatz mit einem handgemalten Willkommensschild direkt an der Durchgangsstraße. Laut Karte soll es einen Strand mit Badestelle geben, die habe ich in natura nicht gefunden. Ein schönes Plätzchen direkt am Ufer lässt mich dann doch verweilen.


Weiter gen Westen der Straße 87 folgend, kreuzt das Krångede Kraftverk meinen Weg. Es gibt ein Museum mit einem Café und viel Platz zum Laufen. Im Wald entdecke ich diesen monströsen Oberkiefer eines Elchs. Der Hund findet ihn etwas unheimlich.


Östersund

Eine recht junge Stadt am Storsjön, zentral in Schweden gelegen, erreiche ich am Nachmittag und ich finde ein ruhiges Plätzchen am See, vor den Toren der Stadt. Es steht dort zwar ein Riesenschild mit Parkverbot und etwas von „camping förbjuden“, aber mal schauen. In den letzten sechs Wochen habe ich gerade einmal ein einziges Polizeiauto zu Gesicht bekommen, es wird schon gut gehen.

Wohnmobilstellplatz Östersund
Wohnmobilstellplatz Östersund

Selbst die Wikipedia Autoren würgen sich ein paar Zeilen über die Stadt und noch viel weniger über die Sehenswürdigkeiten aus ihren Federn. Und damit haben sie nicht ganz unrecht. Gegen Nachmittag breche ich zu einer meiner berühmt, berüchtigten 90 Minuten Stadtbesichtigungen auf, diesmal zu Fuß mit Hund, es erscheint alles sehr übersichtlich. Ist es auch, mehrmalige Pausen lege ich ein, um nicht einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen.

Meine Meinung:

Es gibt in der Stadt so gut wie nichts zu sehen, die Hafenpromenade ist vielleicht noch recht schön angelegt. Hier flanieren am heutigen Sonntag viele Ausflügler und es gibt nicht ein geöffnetes Straßencafé oder ein Büdchen für ein Eis. Abseits entdecke ich nach langem Suchen noch ein paar schöne Holzhäuser aus der Gründungszeit der Stadt. In der Fußgängerzone geben sich die üblichen Gigakonzerne die Hand, McDonalds und Intersport, daneben zahlreiche, teilweise geschlossene Fastfood, Pizza und Burger Massenbräter. Eine Handvoll Banken, ein riesiger leerer Betonplatz, recht und links noch je ein mit Spiegelglas umwickelter Hotelkomplex runden das Ensemble ab. Das war’s. Ein Anhalten ist in dieser Stadt nicht notwendig.


Weiter fahre ich, quere Jämtsland und weiter nach Dalarna. Hier in der Nähe der Grenze zu Norwegen ist das Land merklich dünner besiedelt. Die wenigen kleinen Ortschaften wechseln sich mit kilometerlanger Einsamkeit und touristisch bestens erschlossenen Skigebieten ab. Überall blitzen blau schimmernde Seen und tiefschwarze Flüsschen schlängeln sich durch die endlosen immergrünen Wälder. Rechts und links des Weges trägt die Natur ihre Früchte. Blaubeeren, Pilze, sogar Moltebeeren leuchten im Unterholz. An den aufgestauten Flüssen, ein paar Angler, die Eimer voller Barsche und Forellen. In der Dämmerung kommen sie dann, die Blutsauger, in Massen, in gigantischen Schwärmen, um den Saft des Lebens aus den Adern zu ziehen.

Hier ein paar visuelle Eindrücke.


Meine Reiseroute

Track Västernorrland Östersund Jämtland
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